Inklusion in der Schule – Ergebnisse unserer Blitz-Umfrage

Der Verlag PRO Schule fĂŒhrte im Juli 2014 eine Online-Umfrage zum Thema „Inklusion in der Schule“ durch. Ziel der Umfrage war es, Lehrerinnen und Lehrer zu Wort kommen zu lassen und deren Meinung zur heftig gefĂŒhrten Inklusionsdebatte zu erfahren. Auf die Online-Umfrage bekamen wir innerhalb der Laufzeit von 1 Woche 490 Feedbacks. Die Ergebnisse haben wir hier fĂŒr Sie aufbereitet.

Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ stellt die grĂ¶ĂŸte Herausforderung fĂŒr Lehrerinnen und Lehrer dar

83 % der LehrkrĂ€fte sehen den Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ als grĂ¶ĂŸte Herausforderung fĂŒr den inklusiven Unterricht an. Die Förderschwerpunkte „geistige Entwicklung“ (48,5  %) und „Lernen“ (20,4 %) sowie Autismus (41,8 %) stellen viele Kolleginnen und Kollegen ebenfalls vor erhebliche Probleme.
Als weniger herausfordernd werden hingegen die Förderschwerpunkte „Sprache“ (12,3 %), „körperliche und motorische Entwicklung“ (11,4 %), „Sehen“  (7,6 %) und „Hören“ (6,0 %) bewertet.
Nicht als eigenes Item abgefragt, aber dennoch von mehreren LehrkrĂ€ften als besonders anspruchsvoll eingestuft wurde auch der Unterricht mit schwerst-mehrfachbehinderten SchĂŒlern.
Eine exemplarische Aussage eines Befragungsteilnehmers bringt die Mehrheitsmeinung innerhalb der Lehrerschaft treffend auf den Punkt: „Autismus und verhaltensauffĂ€llige SchĂŒler sind sehr schwer zu betreuen – weniger schwierig sind körperlich gehandicapte Kinder.“

Die grĂ¶ĂŸte Herausforderung stellen verhaltensauffĂ€llige Kinder und Jugendliche dar

Die Bewertung macht deutlich, dass insbesondere verhaltensauffĂ€llige SchĂŒlerinnen und SchĂŒler den LehrkrĂ€ften zu schaffen machen. Unterrichtsstörungen durch SchĂŒlerinnen und SchĂŒler mit dem Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ beeintrĂ€chtigen nach Meinung vieler Befragungsteilnehmer in besonderer Weise einen geordneten Unterrichtsablauf. PĂ€dagogische Maßnahmen bleiben hier meist unwirksam. Besonders schwierig stellt sich die Situation dann dar, wenn keine entlastende UnterstĂŒtzung durch einen SonderpĂ€dagogen zur VerfĂŒgung steht.


RegelschĂŒler werden vernachlĂ€ssigt – mehr Personal gefordert

Deshalb fĂŒrchtet eine Vielzahl der LehrkrĂ€fte, dass im Zuge der Inklusion auch die RegelschĂŒler ins Hintertreffen geraten und das Lernniveau sinken könnte:
„In einer Klasse gibt es auch ohne Inklusion schon jede Menge inzwischen ganz alltĂ€glich gewordene ‚Probleme‘ auf die ich als Lehrer eingehen muss (ADS, ADHS usw.). Deshalb treten die ‚normalen‘ SchĂŒler in den Hintergrund und ich kann weniger auf sie eingehen als frĂŒher.“
Eine große Mehrheit der Lehrerschaft sieht zudem erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Ausstattung der Schulen mit zusĂ€tzlichem (sonderpĂ€dagogisch ausgebildetem) Personal, Fördermaterialien und finanziellen Ressourcen. Gefordert wird vor dem Hintergrund des deutlich grĂ¶ĂŸeren Vorbereitungs- und Betreuungsaufwands fĂŒr inklusiv gefĂŒhrten Unterricht auch eine spĂŒrbare Reduzierung der KlassengrĂ¶ĂŸen bzw. eine Entlastung im Stundendeputat:
„Mehr Geld und mehr Lehrer/innen werden benötigt um die Klassen kleiner machen zu können – nur so kann ich mir vorstellen, dass das klappt.“

Lehrer Ă€rgern sich ĂŒber die politischen VerantwortungstrĂ€ger

Der Ärger und die EnttĂ€uschung ĂŒber die Politik sind deutlich spĂŒrbar. Lehrerinnen und Lehrer haben das GefĂŒhl, dass die Inklusion „von oben“ verordnet wird, ohne dass ein vernĂŒnftiges Konzept zugrunde liegt bzw. eine ausreichende Ausstattung  zur VerfĂŒgung gestellt wird. Sie fĂŒhlen sich mit der Umsetzung alleingelassen und kaum unterstĂŒtzt:
„Die Landesregierung schiebt alles auf die Grundschullehrer ab ohne sie zu unterstĂŒtzen.“
Eine nicht zu verachtende Zahl der Lehrerschaft lehnt Inklusion sogar ganz oder teilweise ab, auch weil große Verunsicherung und teilweise Angst herrscht, die Herausforderungen nicht bewĂ€ltigen zu können:
„Nicht fĂŒr alle Kinder ist die Inklusion eine geeignete Unterrichtsform, z. B. nicht fĂŒr geistig behinderte Kinder oder Kinder mit Verhaltensproblemen.“

Fazit

Es herrscht eine Mischung aus Unmut, Verunsicherung und Angst unter Lehrerinnen und Lehrern, wenn es um das Thema Inklusion geht. Die mangelhaften finanziellen und personellen Rahmenbedingungen bereiten den LehrkrĂ€ften betrĂ€chtliche Bauchschmerzen – gerade auch an Schulen, die schon vor der Inklusion damit zu kĂ€mpfen hatten. Die Art und Weise, wie die Umsetzung bislang politisch gestaltet und begleitet wurde, fĂŒhrt bei  einem nicht unbetrĂ€chtlichen Teil der Lehrerschaft sogar zu einer generellen Ablehnung des Inklusionsgedanken – jedenfalls im Rahmen der heutigen Struktur unseres Schulsystems.

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