Praxistipps für einen störungsfreien Unterricht

Jedes Jahr hören Sie vielleicht von Kolleginnen und Kollegen: „Das ist die schlimmste Klasse, die ich je hatte.“ Ob dies objektiv betrachtet zutrifft, ist in der Regel schwer zu beurteilen. Fakt ist jedoch, dass viele Gespräche mit Schulleitungen und Lehrkräften anderer Schulen zeigen, dass die Disziplinbereitschaft der Schülerinnen und Schüler, insbesondere im Unterricht, tendenziell abnimmt.

Ein wichtiger Baustein, um sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler Ihrer Schule trotzdem störungsfrei lernen können, ist zunächst, ein klar definiertes Regelwerk an Ihrer Schule zu implementieren. Der nächste Schritt besteht darin, dieses Regelwerk konsequent im Schulalltag anzuwenden. Im Folgenden finden Sie 10 Tipps, wie Sie mit konkreten Grenzen Ihren Schülerinnen und Schülern einen verlässlichen Rahmen vorgeben können, innerhalb dessen sie sich bewegen können.

Ein klares Konzept ist essenziell, damit Ihre Schülerinnen und Schüler nicht stören, sondern konzentriert lernen können. Dabei ist es wichtig, ein gemeinsames Vorgehen für den Unterricht zu entwickeln. Geben Sie Ihren Lehrkräften die folgenden 10 Tipps an die Hand, die eine Grundvoraussetzung für störungsfreies Lernen darstellen. Besonders die jüngeren Kolleginnen und Kollegen werden Ihnen dafür dankbar sein.

Oft sind es Maßnahmen, wie zum Beispiel zu Beginn der Stunde direkt konsequent durchzugreifen, die große Wirkung zeigen können. Geben Sie die folgenden Tipps an Ihr Kollegium weiter, um konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Tipp

Erstellen Sie ein Handout für Ihr Kollegium und hängen Sie die 10 Tipps zusätzlich im Lehrerzimmer aus.

Handout: 10 Tipps für ein störungsfreies Lernen

Tipp 1: Regeln und Konsequenzen sind wichtig

Die klare Botschaft an Ihre Kollegen lautet: Regeln und Grenzen sind für die Schüler wichtig. Sie geben ihnen Halt. Die Befürchtung, dass Schüler durch Regeln eingeengt werden, ist unbegrün­det. Sie geben stattdessen ein Gefühl der Sicherheit. Ihre Schüler wissen: Solange sie sich innerhalb des festgelegten Rah­mens bewegen, fühlen sich alle Betei­ligten wohl und es ist möglich, die Auf­merksamkeit auf das Lernen zu richten.

Je deutlicher dieser Rahmen abgesteckt ist, desto weniger werden Ihre Schüler über die Stränge schlagen. Natürlich profitieren auch Ihre Lehrkräfte, denn der Rahmen und die Konsequenzen müssen nicht immer wieder neu dis­kutiert oder überlegt werden. Wer den Rahmen verlässt, erfährt die (vereinbar­te) Konsequenz.

Tipp 2: Der Rahmen muss eingehalten werden

Von Zeit zu Zeit wird es immer wieder so sein, dass Ihre Schüler im Unterricht austesten, wie dehnbar die Grenzen bei den einzelnen Lehrkräften sind. Hier ist es wichtig, dass jeder einzelne Kolle­ge deutlich macht, dass der Rahmen fix ist und es keine Überschreitungen gibt. Geschieht dies nicht, werden die Schüler zunächst den Kollegen und dann auch die Regel nicht mehr ernst nehmen.

Ih­ren Lehrern muss bewusst sein, dass sie weder sich noch den Schülern einen Ge­fallen tun, wenn sie sich hier nachgiebig zeigen. Denn dies führt zu einer Verun­sicherung der ganzen Klasse. Die stellt sich die Frage, warum sie sich an Regeln halten soll, deren Akzeptanz vom Lehrer nicht eingefordert wird.

Tipp 3: Legen Sie Regeln gemeinsam fest

Es ist sinnvoll, bei dem Erarbeiten und Formulieren Ihrer Regeln Ihre Schü­ler mit einzubeziehen. Diesen Vorgang sollten Sie jedoch vorbereiten, indem Sie sich im Vorfeld überlegen, was Ih­nen wichtig ist. Hier können Sie dann den Schülern Vorschläge zur Diskussi­on unterbreiten. Auch sollten Sie darauf achten, dass Regeln möglichst konkret formuliert sind.

Die Regel „Wir stören im Unterricht nicht“ ist prägnant for­muliert und einprägsam zum Aushän­gen im Klassenraum. Doch Ihre Schüler sollten auch wissen, was das genau be­deutet. Legen Sie deshalb im Lehrerteam im Sinne einer ruhigen Lernatmosphäre eine genaue Einteilung hierzu fest.

Beispiel: Unsere Regeln zur Lautstärke im Unterricht:

  • Einzelarbeit ist immer Stillarbeit.
  • Bei Partnerarbeit berücksichtigen wir die 10-cm-Flüstersprache (nur für die beiden Partner hörbar).
  • Bei Gruppenarbeit berücksichtigen wir die 30-cm-Flüstersprache (nur für die Gruppe hörbar).

Tipp 4: Machen Sie Ihren Schülern die Bedeutung von Regeln klar

Mit der Einführung der Regeln im Klassenrat und deren Dokumentation in den Klassen und z. B. im Lerntage­buch müssen Ihre Schüler wissen, dass das Einhalten der Regeln wichtig ist. Vermitteln Sie Ihren Schülern, dass der Bruch einer Regel zu einer Konsequenz führt.

Machen Sie dies z. B. im Klassenrat an ein bis 2 Beispielen in folgenden Schrit­ten deutlich:

  • Schritt 1: Vorlesen der Regel
  • Schritt 2: Was bedeutet die Regel ganz konkret im Unterricht (kon­krete Beispiele nennen lassen)?
  • Schritt 3: Beispiele für Verstöße ge­gen die Regel sammeln lassen.
  • Schritt 4: Welche Konsequenz hat ein Verstoß gegen diese Regel?

Tipp 5: Informieren Sie die Eltern

Wichtig ist es, die grundlegenden Infor­mationen Ihres Konzeptes an die Eltern weiterzugeben. Hierzu gehören Ihre wichtigsten Regeln und die damit ver­bundenen Konsequenzen.

Machen Sie gegenüber den Eltern auch die Selbst­verantwortung ihres Kindes deutlich, dass es die entscheidende Person ist, die mit einem Regelbruch eine Konsequenz einfordert. Gehen Sie durchaus so bei­spielhaft wie bei den Schülern vor.

Tipp 6: Konsequenzen gemeinsam festlegen

Besprechen Sie, wie Sie den Prozess mit Konsequenzen in Ihrer Klasse regeln. Auch hier ist es kontraproduktiv, wenn jeder Lehrer unterschiedlich verfährt. Klären Sie grundsätzliche Fragen wie:

  • Wie viele Verwarnungen gibt es, be­vor eine letzte Konsequenz erfolgt?
  • Was geschieht als letzte Konsequenz?

Beispiel: Unsere Regel zu Konsequen­zen im Unterricht

Bei einer Störung gibt es eine mündliche Ermahnung. Bei einer weiteren Störung erhält der Schüler eine gelbe Karte. Sein Name wird an der Tafel notiert. Eine weitere Störung führt zur roten Karte: Er wird in den Trainingsraum geschickt.

Tipp 7: Die Verwarnung sollte optisch sichtbar sein

Verwarnungen, die nur mündlich aus­gesprochen werden, sind nicht gut ge­eignet, da sie für den oder die Schüler nicht sichtbar sind und dadurch an Wirkung verlieren. Arbeiten Sie deshalb mit Visualisierung.

Jeder Schüler sollte optisch erkennen, dass er verwarnt ist und es jetzt an ihm liegt, keine weite­re Verwarnung und damit notwendige Konsequenz zu erfahren. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:

Das Kartenprinzip vom Fußball

Eine gelbe Karte gilt als Verwarnung und eine rote Karte bedeutet, dass die Einleitung der Konsequenz erfolgt. Der Vorteil ist, dass dieses Prinzip den Kindern bekannt ist. Teilen Sie deshalb auch ruhig wie im Fußball gelbe Kar­ten aus. Erfolgt eine Verwarnung, wird der Name des Schülers an dem gelben Kartensymbol an die Tafel geschrieben. Zusätzlich können Sie eine gelbe Karte an den Platz des Schülers legen.

Verteilen Sie Zeiträuberkarten

Ein Regelbruch und die damit verbun­dene Verwarnung kosten Zeit. Machen Sie dies dem störenden Schüler deut­lich. Verteilen Sie bei einer Störung eine „Zeiträuberkarte“, die symbolisiert, dass das Stören der Klasse Zeit geraubt hat. Im Team haben Sie die Konsequenzen festgelegt, z. B. hat der Schüler während des Schultages 3 Karten „gesammelt“, muss er am nächsten Tag die Pause zum Nacharbeiten nutzen.

Tipp 8: Einigen Sie sich auf die letzte Konsequenz

Es ist durchaus sinnvoll, Ihre Schüler mit einzubeziehen, wenn es um die Festlegung der letzten zu erfolgenden Konsequenz geht. 1. wissen sie dann ge­nau, was sie erwartet, und 2. haben sie mit entschieden. Dadurch können sie sich besser mit der letzten Konsequenz „identifizieren“. Bezüglich der Verfah­rensweise ist es sinnvoll, dass Sie den Schülern letzte Konsequenzen zur Dis­kussion stellen, die realistisch sind.

Hinweise für die Praxis – Beispiele:

Trainingsraummethode

In vielen Schulen wird inzwischen mit der Trainingsraummethode gearbeitet. In einem Extraraum, dem Trainings­raum, kann dem Schüler als letzte Kon­sequenz eine Auszeit erteilt werden. Dort geht es nicht allein darum, Zeit als Strafe abzusitzen, sondern das Fehl­verhalten wird mit einer Lehrkraft oder dem Schulsozialarbeiter reflektiert.

Zeit nachholen

In Anlehnung an die Zeiträubermetho­de kann als letzte Konsequenz festgelegt werden, dass verlorene Zeit nachgear­beitet werden muss. Dies führt ab einer bestimmten Anzahl von Zeiträuberkar­ten zu einem Nachsitzen dieser verlore­nen Zeit. Der Nachteil dieses Vorgehens ist, dass Sie im Prinzip sich selbst bestra­fen, weil in der Regel das Nachschreiben in Ihrer Freizeit stattfindet.

Tipp: Sprechen Sie sich mit Kollegen ab und erstellen Sie einen Plan, wer z. B. freitags abwechselnd länger in der Schule bleibt, um nachsitzende Schüler zu beaufsichtigen.

Mit einem Belohnungssystem arbeiten

Wenn Sie in Ihrer Klasse mit einem Be­lohnungssystem arbeiten, können als letzte Konsequenz Belohnungspunkte erlangt werden. Ihre Schüler erkennen dadurch sofort, dass sie durch Fehlver­halten erarbeitete Belohnungspunkte verlieren und damit das vereinbarte Ziel (Belohnung) wieder in weitere Ferne rückt.

Wichtig: Belohnen Sie ein Ziel, das nur die ganze Klasse erreichen kann, wird es problematisch. Denn ein einzelner Schüler kann durch sein Fehlverhalten bewirken, dass die Belohnung für die gesamte Klasse gefährdet ist. Überlegen Sie sich im Vorfeld die Sinnhaftigkeit ei­ner solchen Maßnahme.

Vergünstigungen wegnehmen

Es ist möglich, einzelne Schüler als letz­te Konsequenz von besonderen Aktivi­täten auszuschließen, z. B. vom nächs­ten Wandertag, der Teilnahme mit der Schulfußballmannschaft an einem Tur­nier etc.

Wichtig: Bitte beachten Sie, dass eine solche Maßnahme Auswirkungen auf das Zugehörigkeitsgefühl in der Klasse haben kann. Deshalb müssen Sie mit einer solchen Maßnahme vorsichtig umgehen und sie nachvollziehbar ge­genüber der Klasse vertreten.

Tipp 9: Die ersten Wochen sind ent­scheidend

Die ersten Wochen in einer neuen Klasse sind die entscheidenden für den gesamten Verlauf des Schuljahres. Deshalb gilt hier ganz klar: Seien Sie am Anfang bewusst strenger. Die Lei­nen etwas lockerer lassen können Sie immer noch, wenn die Schüler sich an die wichtigsten Regeln gewöhnt haben.

Seien Sie deshalb besonders zu Beginn konsequent und gerecht. Halten Sie sich streng an die getroffenen Vereinbarun­gen, fordern Sie diese ein und ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen.

Tipp 10: Stützen Sie sich gegenseitig

Wichtig ist, dass Ihre Lehrkräfte sich ge­genseitig Halt geben. Wenn ein Lehrer Probleme mit dem Verhalten eines Schü­lers oder der Klasse insgesamt hat, ist es wichtig, dass er dies im Team anspricht, ohne dass dies als Schwäche ausgelegt wird.

Im Team können Tipps gegeben und Lösungen gefunden werden. Hier sind Sie besonders als Schulleiter gefor­dert, genau dies zu signalisieren.

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